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Waldbaden - Die Gesundheitsquelle für ein flexibles Immunsystem und reduzierten Stress


Waldbad Bildwort aus Waldbildern

Es ist Spätsommer - noch sind die Bäume mit sattem grünen Laub besetzt - also tauche ich ein in das tiefe Grün der Rostocker Heide. Ich atme ein paar mal tief durch und spüre recht schnell, wie sich meine Herzfrequenz absenkt und der Stress eines erlebnisreichen Arbeitstages nach und nach von mir ablässt. Doch warum ist das eigentlich so?


Auf den ersten Blick vielleicht ein Modebegriff, ist Waldbaden schon eine sehr alte Therapieform, welche in Japan ihren Ursprung hat. "Shinrin Yoku" heißt es dort und ist eine eigene Medizinrichtung. Das heißt, dass die positiven Effekte der Wald- bzw. Naturexposition mittlerweile therapeutisch genutzt werden und wissenschaftlich belegt sind. Bemühe ich eine online Literaturdatenbank mit wissenschaftlichen Publikationen zu dem Begriff "shinrin yoku", so erhalte ich über 4000 Treffer, davon 3/4 in den letzten 5 Jahren. Dies zeigt, wie aktuell und interessant das Thema auch für die Forschung geworden ist. Doch wahrscheinlich möchtest du nun wissen, warum auch du ins Grün eintauchen solltest!?


Positive Effekte


Die positiven Eigenschaften eines Waldbades bzw. einer Naturexposition umfassen sowohl körperliche, als auch psychische Effekte. Zu den eindrücklichsten gehören:


1. Stressreduktion

Die Entspannung beim Waldbaden kann objektiv gemessen werden. So kann es den Spiegel des Stresshormons Cortisol signifikant mindern [1], welcher ein Blutparameter für das Allgemeine Stresslevel ist. Außerdem konnte belegt werden, dass Naturexposition zu einer reduzierten Herzfrequenz und niedrigerem Blutdruck beitragen kann [1]. Auch der Adrenalinspiegel kann positiv im Sinne einer Stressminderung beeinflusst werden. Die Herzratenvariabilität ist ein allgemeiner Gesundheitsparameter und gibt im Speziellen die Entspannungs- und Regulationsfähigkeit unseres autonomen Nervensystems wieder. Sie wird durch einen ausgiebigen Spaziergang durch die Natur erhöht.


2. Psychische Effekte

Depressionen und Angstzustände sind heute allgegenwärtig und laut der Krankenkassenverbände einer führenden Gründe für Arbeitsunfähigkeits-Tage. Die Auswirkungen von Lockdowns, Homeoffice und sozialer Isolation durch die Corona Zeit auf die mentale Gesundheit hat dies in den letzten Jahren weiter verschärft. Eine Meta-Analyse von 481 Studien hat gezeigt, dass Waldtherapie die Symptome von Depressionen und Angstzuständen verbessern kann [2]. Generell kann ein Waldspaziergang zu einer positiveren Stimmung und mehr Kreativität beitragen.


3. Immunsystem und antioxidative Funktion

Dass unser Immunsystem sehr komplex ist und dass ein flexibles Immunsystem mit einer entsprechenden Immunsignatur entscheidend für unsere Gesundheit ist, haben wir vor allem durch die Berichterstattung zu COVID-19 erfahren. Aber es gibt eben einige Lebensstil-Interventionen die dies positiv beeinflussen können, unter anderem Shinrin Yoku. Neben einer Erhöhung von Natürlichen Killer Zellen (NK-Zellen) [3], welche eine Rolle bei der Bekämpfung von z.B. Krebs spielen, könnte man Waldbaden als eine Form der natürlichen Entzündungshemmung nennen. Verschiedene Entzündungsparameter im Blut wie z.B. Interleukin-6, TNF-Alpha oder auch CRP konnten nachweislich gesenkt werden [4, 5].

Neben der Beeinflussung von Immunzellen kann die Waldexposition auch einen Einfluss auf die antioxidative Funktion haben. Bei Glutathion-Peroxidase und Superoxid-Dismutase, beides wichtige Bausteine für das Abfangen von freien Sauerstoffradikalen, konnte eine Erhöhung in Studien nachgewiesen werden [5, 6].


4. Stoffwechsel

Ein flexibler Stoffwechsel ist die Grundlage für Gesundheit. Menschen mit erhöhten Blutfettwerten, kardiovaskulären Erkrankungen oder Typ 2 Diabetes können dies sicherlich bestätigen. Daher ist es besonders nennenswert, dass Waldbaden auch hier positive Effekte zeigt. So können Triglyceride, welche im Zusammenhang mit Kardiovaskulären Erkrankungen stehen, im Blut gesenkt werden. Aber auch die Insulinsensitivität der Zellen und Blutglukosewerte, welche wesentliche Parameter für die Stoffwechselflexibilität sind, können bei einem Spaziergang durch den Wald positiv beeinflusst werden [7].


Wie trägt Waldbaden zu deiner Gesundheit bei? Die Wirkmechanismen dahinter


Hinter den positiven Effekten des Waldbadens steht der Wirkmechanismus der "Hormesis".

„All Ding’ sind Gift und nichts ohn’ Gift; allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist.“ - Paracelsus

Das Gesundheitskonzept des hormetischen Prinzips hat schon Paracelsus erkannt und beschrieben. So können geringe Dosen von Stoffen, die eigentlich giftig für uns sind, bzw. uns schaden können, einen gesundheitsfördernden Effekt haben. Wir kennen dies bereits bei Medikamenten, aber auch aus unserem Alltag. Sportliches Training ist zum Beispiel auch ein hormetischer Reiz. Als Beispiel: Eine Reduktion der Sauerstoffversorgung in der Muskulatur durch intensives Training führt dazu, dass Botenstoffe gebildet werden, die wiederum eine Neubildung von Blutgefäßen fördert, damit die Sauerstoffversorgung verbessert wird. Aber auch bei Lebensmitteln, die als besonders gesund gelten, wie z.B. Kurkuma, Ingwer, Weihrauch, Kräuter, etc.. Sie beinhalten alle gewisse Stoffe, die die Pflanzen eigentlich als Abwehrstoffe gegen Fraßfeinde nutzen. In geringen Dosen jedoch können diese Stoffe durch einen bestimmten Wirkmechanismus die Aktivierung von "Vita-Genen" fördern, welche die gesundheitsförderlichen Effekte haben, die für diese Lebensmittel beschrieben werden.


Durch den Wald schlendern , dem Rauschen der Blätter lauschen und den Duft der Tannen in der Nase.. Wie funktioniert das hormetische Prinzip hier, wenn wir die Blätter nicht in unseren Salat schnibbeln?

Die Bäume geben über ihre Blätter und Nadeln sogenannte Phytonzide und Terpene an die Luft ab. Diese sind zum einen Teil des eigenen Pflanzenschutzsystem vor z.B. Pathogenen und zum anderen sind es Botenstoffe, die die Bäume nutzen, um zu kommunizieren und sich auszutauschen. Durch unser "Bad" in der Waldluft setzen wir uns diesem Gemisch an Botenstoffen aus, wir atmen sie ein und nehmen sie über die Haut war. So können sie hormetisch bei uns wirken.


Ein weiterer Aspekt der positiven Effekte ist die allgegenwärtige grüne Farbe des Waldes, welche eine beruhigende Wirkung auf uns hat. Aber auch die natürliche Geräuschkulisse hat einen entsprechenden Effekt.


Waldbaden in der Praxis - Eine Anleitung zum Einstieg


Damit auch du in den Genuss von Shinrin Yoku mit all seinen gesundheitsförderlichen Eigenschaften kommst, folgt hier ein kleiner Leitfaden für deinen nächsten Waldspaziergang:


  1. Nimm dir Zeit - Mal eben in den Terminplan gequetscht und durch den Wald gehetzt, das wird nicht funktionieren und geht am Konzept des Waldbadens vorbei. Suche dir einen Tag aus, an dem du etwas Zeit hast und den Ausflug auch wirklich genießen und auf dich wirken lassen kannst.

  2. Passende Kleidung - Bikini und Badehose sind hier natürlich fehl am Platz, auch wenn der Begriff dies vielleicht zunächst vermuten lässt. Nimm dir am besten Wettergerechte Kleidung und Schuhwerk mit, die auch gleichzeitig bequem für etwas Bewegung ist. Auch ein Ausflug im Regen kann sehr belebend sein! Im Sommer gilt es, auch auf Mücken und Zecken zu achten.

  3. Lasse das Smartphone Zuhause - oder im Auto. Waldbaden bedeutet auch, in die Natur einzutauchen, ganz ohne Ablenkung von Smartphone und Co.

  4. Nimm Rücksicht - auf die großen und kleinen Bewohner des Waldes. Bedenke, dass du hier zu Gast bist.

  5. Nimm ein längeres Bad - wenn du kannst. Die optimale Dauer für das Waldbaden sind etwa 2 Stunden oder länger, hier hast du die größten und am längsten anhaltenden Effekte. Natürlich kannst du zu Beginn auch erst mit 30 Minuten starten, auch hier hast du schon einen Benefit.

  6. Atme tief durch - tiefe langsame Atemzüge unterstützen den gesundheitsfördernden Effekt. Wenn du kannst, dann atme ruhig durch die Nase.

  7. Ohne Plan - Waldbaden hat nichts mit Wandern einer bestimmten Route zu tun. Versuche, dich intuitiv leiten zu lassen und erkunde den Wald einfach.

  8. Sei achtsam - Lasse den Blick schweifen, bestaune die großen und kleinen Wunder der Natur. Jetzt ist Zeit, das Erlebnis im Wald auch zu genießen!

  9. Bewege dich - Bewegung ist ein Teil von Shinrin Yoku. Allerdings geht es nicht um Leistung und du kannst ruhig entspannt schlendern und spazieren.

  10. Komme wieder - Versuche, Waldbaden als einen Teil deiner Alltagsroutine werden zu lassen. Vielleicht findest du ja einen Tag in der Woche, den du dir als bewusste Auszeit einplanst.

Ich hoffe, du konntest jetzt einen kleinen Überblick gewinnen und fühlst dich inspiriert und motiviert, das Waldbaden einmal für dich auszuprobieren!



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Literaturangaben:

1) Wen, Y., Yan, Q., Pan, Y., Gu, X., & Liu, Y. (2019). Medical empirical research on forest bathing (Shinrin-yoku): a systematic review. Environmental Health and Preventive Medicine, 24(1), 1–21. https://doi.org/10.1186/s12199-019-0822-8

2) Kotera, Y., Richardson, Miles and Sheffield, David 2020. Effects of shinrin-yoku (forest bathing) and nature therapy on mental health: A systematic review and meta-analysis. International Journal of Mental Health and Addiction.https://doi.org/10.1007/s11469-020-00363-4

3) Tsao TM, Tsai MJ, Hwang JS, Cheng WF, Wu CF, Chou CK, et al. Health effects of a forest environment on natural killer cells in humans: an observational pilot study. Oncotarget. 2018;9(23):16501–11.

4) Jia BB, Yang ZX, Mao GX, Lyu YD, Wen XL, Xu WH, et al. Health effect of forest bathing trip on elderly patients with chronic obstructive pulmonary disease. Biomed Environ Sci. 2016;29(3):212–8.

5) Im S, Choi H, Jeon YH, Song MK, Kim W, Woo JM. Comparison of effect of two-hour exposure to forest and urban environments on cytokine, anti-oxidant, and stress levels in young adults. Int J Environ Res Public Health. 2016;13(7):625.

6) Mao GX, Cao YB, Yan Y, Chen ZM, Dong JH, Chen SS, et al. Additive benefits of twice forest bathing trips in elderly patients with chronic heart failure. Biomed Environ Sci. 2018;31(2):159–62.

7) Ohtsuka, Y., Yabunaka, N. & Takayama, S. Shinrin-yoku (forest-air bathing and walking) effectively decreases blood glucose levels in diabetic patients. Int J Biometeorol41, 125–127 (1998). https://doi.org/10.1007/s004840050064




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